Ein Mittagessen in Aranjuez

 

Es ist fast genau 10 Jahre her, dass ich mit meiner mittleren Tochter eine Woche in Madrid verbrachte. Es waren wundervolle Tage im April, als noch kaum bis gar keine Touristen unterwegs waren.

Aranjuez liegt nur etwa 40 km von Madrid entfernt, die Zugverbindungen waren gut, also fuhren wir spontan dort hin. Der Ort ist relativ klein, es ist das Schloss mit seinem Garten, welches die Touristen anzieht. Aber, wie gesagt, es gab noch keine – wir hatten die herrlichen Gartenanlagen ganz für uns alleine. Die Besichtigung des Schlosses und das lange Herum-Schlendern machte hungrig. Im Ort sahen wir ein Restaurant, das tatsächlich geöffnet hatte. Wir also hinein.

Nun muss ich sagen, dass meine Tochter langes, naturblondes Haar hat, etwa 1,75 m groß ist, sehr schlank und ausgebildete Flamenco-Tänzerin mit dem entsprechenden Gang. Hässlich ist sie auch nicht. Als der Wirt den Mund wieder zuklappte, wedelte er wortlos die anderen Gäste zur Seite. Die Kellner mussten die durchaus besetzten Tische an die Wände rücken, die Speisenden nahmen wieder Platz, und für uns wurde ein Extra-Tisch mitten im Raum aufgestellt, sorgfältig mit einer blütenweißen Tischdecke versehen.

Tochter Agnes und ich verständigten uns wortlos. Hier galt es, tadelloses Benehmen zu zeigen, will heißen, sich tapfer durch ein ganzes Menü durch zu essen. Das taten wir denn auch, wobei ich nicht mehr genau weiß, wer von uns ein Fleischgericht und wer den Fisch gegessen hat, aber das Mahl bestand aus Vorspeise, Suppe, Hauptgericht, Nachspeise, Kaffee und schmeckte einfach hervorragend. Mir ist lebhaft die riesige Kugel massiver Schlagsahne im Gedächtnis, die man auf den hausgemachten Flan gepackt hatte. Wir verzehrten alles ohne Hast unter den teilnahmsvollen Blicken des Wirtes und den aufmunternden Zurufen der anderen Gäste – hatte man zu dieser Jahreszeit schon jemals Ausländerinnen hier gesehen, die Spanisch sprachen?? - wurden ausgiebig befragt, zu dem Kaffee kam noch ein Schnäpschen hinzu...

Die Rechnung war einfach lächerlich niedrig. Wir zahlten, verabschiedeten uns, das ganze Lokal begleitete uns nach draußen.

An dem Tag, haben wir, glaube ich, nichts mehr essen können, haben aber entschieden das Image deutscher Touristen in Spanien aufpoliert.

Also, da würde ich gerne noch einmal hin...

Ein paar alte Foto-Schätzchen vom Tag in Aranjuez. Es war, seufz, Anfang April, und das Wetter einfach traumhaft.

Auf den Bildern ist meine Tochter zu sehen. Sie wurden noch vor dem beschriebenen Essen gemacht. Nachher wären wir wohl kaum in der Lage gewesen, durch Gärten zu laufen...

Ich bitte, die schlechte Qualität der Bilder zu entschuldigen.