Dänemark: Sjaelland – mit Muße genießen

 

 

Durch einen dieser Zufälle des Lebens verbrachte ich als junges Mädchen zwei aufeinander folgende Sommerferien bei einem dänischen Ehepaar, das in einer kleinen Stadt – Birkeröd – wohnte, etwa 30 km nördlich von Kopenhagen.

Meine Gasteltern machten mich nicht nur mit ihrer Heimatinsel Seeland bekannt, sondern auch mit Kunst und skandinavischer Wohnkultur – letzteres eine Offenbarung für eine 17jährige aus dem Deutschland der 60er Jahre.

Alle erreichbaren Schlösser in und um Kopenhagen (und davon gibt es eine ganze Menge) sowie die Museen wurden besichtigt. Schloss Rosenborg in der Landeshauptstadt ist ein eher „intimes“ Wohnschloss aus Rokoko-Zeiten; das Wasserschloss Frederiksborg mächtig und repräsentativ.

Die Glyptothek in Kopenhagen ist wohl das heraus ragende Kunstmuseum dort und – wie auch alle anderen damals – wurde von einem der beiden führenden Bierhersteller des Landes gesponsort. Mein Gastvater machte sich irgendwann einen Sport daraus, mich vor einer Besichtigung zu fragen: „Was glaubst du – Tuborg oder Carlsberg?“ Egal wie meine Antwort ausfiel, am Ende des Tages gab es dann bestimmt das Erzeugnis eines dieser Bierbrauer zu trinken.

 

 

Der Park von Louisiana am Sund
Der Park von Louisiana am Sund

Kunst und Kultur

 

Das Kunstmuseum, was mich dann tatsächlich am meisten beeindruckte, war eines, das erst im Entstehen begriffen war.

Ich rede von „Louisiana“, dem Museum für moderne Kunst, in Humlebäk gelegen, nur etwa 4 km südlich von Helsingör. Das Stammhaus ist ein größerer weißer Holzbau, der auf einem Grundstück steht, welches in großen Rasenflächen zum Sund abfällt. Man hat einen prächtigen Blick auf die schwedische Südküste.

Das Besondere der Anlage dieses Museums ist die Art und Weise, wie hier Kunst und Natur verbunden wird. Schon damals zogen sich die ersten Glas-Gänge durch den Park, in denen Exponate ausgestellt waren, von denen aus man aber eben auch wunderbare Ausblicke auf die im Park ausgestellten großen Plastiken hat – von Miró zum Beispiel, oder Henry Moore.

Inzwischen sind sehr viele Gebäude dazu gekommen, die sich den unterschiedlichen Ebenen des Parkes anpassen. So geht es treppauf, treppab; mal durch die Gänge, dann durch den Park selbst, oder man findet sich im Untergrund eines der mehreren Gebäude wieder, wo Skulpturen und Bilder aller namhaften modernen Künstler zu finden sind – wie z.B. Andy Warhol, Joseph Beuys, Giacometti…

Hat man Glück mit dem Wetter, bilden das tiefe Grün des Rasens und das noch tiefere Blau des Wassers einen traumhaft schönen Hintergrund.

Im Laufe der Jahre bin ich noch häufig nach Seeland gekommen und habe es nie versäumt, Louisiana einen Besuch abzustatten. Viele Bilder und Skulpturen begrüße ich wie alte Bekannte, und immer wieder gibt es Neues zu sehen.

Der Name dieses Museums hat übrigens nichts mit dem US-Bundesstaat zu tun. Es ist nur so, dass der ehemalige Besitzer des Haupthauses dreimal verheiratet war – und jede Ehefrau trug den Namen „Louise“…

 

 

 

 

An der Odde
An der Odde

Sjaellands Odde

 

 

Seeland ist die größte der dänischen Inseln. Es ist deutlich zu sehen, dass besonders der nördliche Teil aus den Endmoränen der Eiszeiten entstanden ist. Liebliche Hügel bestimmen das Bild, in die kleine Städte und Dörfer eingebettet sind. Besonders in den Dörfern finden sich viele bunt angestrichene Häuser – gerne in einem dunklen Rot oder Gelb – vor denen im Sommer die Kletterrosen in allen leuchtenden Farben blühen.

Die ganze Insel wirkt wie frisch gewaschen und scheint den Märchen von H.C. Andersen entsprungen zu sein.

Meine besondere Liebe gilt der langen Halbinsel, der Odde, die sich wie ein Wurmfortsatz am nordwestlichen Ende Seelands befindet. Man sieht sie vor sich liegen, wenn man, von einem höheren Hügel kommend, auf sie zufährt: etwa 24 km lang erstreckt sie sich; auf der einen Seite das Kattegatt, auf der anderen die Sejerö-Bucht. Die Odde ist praktisch ein reines Urlaubsgebiet. Dort stehen die Ferienhäuser der Kopenhagener oder der Leute aus Roskilde. Aber sie stehen nicht dicht gedrängt. Oft messen die dazugehörigen Grundstücke bis zu 2000 qm. Meist liegen sie in den Kieferwäldern, die einen nicht unerheblichen Teil der Insel bedecken.

Im Verhältnis zu den vorhandenen Häusern werden nur relativ wenig zum Vermieten angeboten, so dass man hauptsächlich auf Einheimische trifft.

Das mangelnde Interesse deutscher Urlauber mag daran liegen, dass es dort nur wenig Sandstrand gibt, man muss sich schon die entsprechenden Stellen suchen. Dafür bekommt man aber Strand und Wasser pur; wenn außer dir noch etwa zehn weitere Leute zum Baden gekommen sind, empfindest du es schon fast als überfüllt…

Es gibt also viele Steine. Aber was für welche! Sie können mühelos mit moderner Kunst mithalten. Irgendwann habe ich mich zwingen müssen, k e i n e Steine vom Strandbesuch mit ins Ferienhaus zu schleppen.

Mit dem Fahrrad ist diese Halbinsel gut zu erkunden. Und wenn der Hunger kommt – es gibt für mich nichts Köstlicheres, als im Hafen von Havneby ( was nichts anderes als „Hafendorf“ bedeutet) Fisch und sonstiges Meeresgetier zu kaufen, das eben erst vom Fischkutter gebracht worden ist. Sehr lecker auch die „Fiskeböller“: Fischfrikadellen, ausschließlich aus Schollenfilets, Paniermehl, Ei und Gewürzen hergestellt…

 

 

Die Ruhe auf der Odde ist wunderbar.

Und wenn man etwas sehen möchte – Helsingör mit der Hamletburg ist nicht weit; ebenso ist Roskilde und sein Dom einen Besuch wert. In der Hochsaison ist allerdings beides hoffnungslos von Touristen überlaufen.

Die Sommer auf Seeland ( und ich habe viele darauf verbracht) sind zwar kurz, aber sehr stabil.

Ich bin nach wie vor froh, seinerzeit den brüllendheißen Sommer 2003 in einem Häuschen auf einer Waldlichtung, nur 200 m vom Meer entfernt, genossen zu haben.