Au Stop à droite“ oder:

Der lange Weg zum Supermarkt

 

 

Urlaub in Frankreich ist etwas Wundervolles.

Wenn man ihn in einem Ferienhaus verbringt, dann darf man alle guten Sachen, die es in diesem Land zu essen gibt, in einem der oft riesigen Super- oder auch Hypermarchés kaufen. Ein faszinierendes Erlebnis. Egal ob Fleisch, Fisch oder Gemüse – alles ist in großen Mengen und unglaublicher Auswahl frisch, frisch, frisch vorhanden. Wie kann ich je die Verkäuferin vergessen, die ich an einem Schinkenstand in einem Auchan-Hypermarché zu dem Schinken meiner Wahl dirigieren wollte. Geschätzte Entfernung: 15m, vorbei an allen erdenklichen Sorten.

Ich hätte gerne den Serrano, aber der liegt da ganz hinten!!“ „Ich folge Ihnen, Madame!“ war die freundlich-würdevolle Erwiderung.

Wie gesagt, der Einkauf in einer dieser Hochburgen französischen Essgenusses ist ein Erlebnis.

Wenn man es denn schafft, überhaupt dorthin zu kommen.

Heute war es wieder soweit. In Ploudalmézeau – in der Bretagne gibt es fast ausschließlich völlig wahnsinnige Ortsnamen – gibt es einen Leclerc-Hypermarché. Die Frankreich-Erfahrenen unter euch wissen, was das bedeutet. Und siehe da! Auf freiem Feld stand dort ein großes Hinweisschild: „E.Leclerc A 5 minutes.“ Immer geradeaus.

Prima, nicht wahr? In fünf Minuten würden wir also das Ziel unserer Wünsche erreicht haben. Ich bin schon häufiger in Frankreich gewesen und wusste es besser. Diese Schilder sind nur da, die hoffnungsvollen Beinahe-Kunden bewusst in die Irre zu führen. Warum liest man keine Kilometerangaben? Weil für die fünf Minuten ein Überschall-Flugzeug nötig wäre?? 

Es folgen in geringen Abständen noch ein oder zwei lockende Hinweise, erinnern mich irgendwie an die Brotkrumen bei Hänsel und Gretel. Immer geradeaus? Toll, da vorne gabelt sich die Straße – und nun? Da muss man der Intuition folgen. Hat man der falschen nachgegeben, heißt es: zurück, marsch, marsch. So, nun ist man auf dem richtigen Weg, der einen dann durch das verwinkelte Stadtzentrum führt. Weitere Angaben Fehlanzeige. So orientiert man sich eben daran, in welche Richtung die meisten anderen Autos fahren.

Auf einmal: „Leclerc Hypermarché. Au Stop à droite.“ Super! Beim nächsten Stop-Schild rechts abbiegen. Klarer Fall. Nur gab es kein Stop-Schild. Ich hatte es schon geahnt. Da habe ich eben das „Vorfahrt beachten“ - Schild genommen. Das erwies sich als richtig. Allerdings kam anschließend das „Stop“ bei der Einfahrt in einen „Rond Point“, einen Kreisel. Frankreich besteht praktisch aus Kreiseln, und dort, wo bei uns höchstens ein „Vorfahrt beachten“ stehen würde oder eher gar nichts, weil die Vorfahrtregelung eines Kreisels zu den Grundkenntnissen des Autofahrers gehören sollte, da heißt es in Frankreich „Stop“. Und zwar an jeder Einfahrt in das Rondell! Und in diesem schönen Land jagt ein Rond Point den anderen, wobei die Größe höchst unterschiedlich sein kann. Der eine mag in der Mitte mit gefälliger Blumenpracht bestückt sein, den sofort darauf folgenden kann man nur meistern, wenn sich dein Auto in der Lage sieht, eine Pirouette zu drehen – auf den Hinterrädern natürlich.

Wenn euch euer Navi durch in diesem Fall unbekannte französische Städte führt, hört sich das dann häufig so an: „Bitte den Kreisel an der zweiten Ausfahrt verlassen und dann den Kreisel an der ersten Ausfahrt verlassen und dann den Kreisel an der dritten Ausfahrt verlassen...“ Da vertut sich die Navi-Dame denn schon mal ( oder die Beschaffenheit des Rond Point hat sich geändert, und die Dame im Navi, von mir auch gerne „Schlampe“ genannt, ist nicht auf dem aktuellsten Stand). Mein persönlicher Rekord steht bei vier Rond Points hintereinander, und ich denke, das wird selbst den Franzosen zu viel, weil man inzwischen schon damit begonnen hat, etliche dieser Kreisel wieder abzubauen, wovon die Schlampe nun noch überhaupt keine Ahnung hat...

Äh, ich schweife ab. Wo war ich stehengeblieben...? Richtig: Stehengeblieben. Und zwar an dem zweiten Kreisel. Wir hätten die dritte Ausfahrt am ersten nehmen sollen. Also: Retour. Nun heißt es nämlich gebieterisch: Eine Minute, immer geradeaus ! Aus den ursprünglich neckisch versprochenen 5 Minuten sind übrigens schon mindestens zwanzig geworden.

Nach einer Minute, immer geradeaus ( wir waren an sattgrünen Weiden vorbei gefahren und beschaulich wiederkäuenden Kühen) erreichen wir das ersehnte Ziel – der Leclerc erscheint wie das Manna in der Wüste. Und so kaufen wir ein, als gäbe es kein Morgen mehr.

Bei näherer Betrachtung denke ich, dass diese ganze sogenannte Hinweisschild-Aktion eben ganz genau diesen Zweck verfolgt. Ist egal, wir haben es geschafft.

Dumm nur, dass wir im Verlauf des Urlaubs noch öfter einkaufen werden müssen.

Leclerc hin oder her – ich werde in den erstbesten Supermarkt stürzen, der sich mir in den Weg stellt. Ob à droite oder à gauche oder geradeaus ist mir dann herzlich egal.