Das Kostüm

 

Ein Kleid hattest du maßgeschneidert,

bis es so saß, wie’s dir gefiel;

mit beißend scharfem Witz gesäumt,

Urteil im Ärmelaufschlag eingenäht,

Erfolg bis in die Kragenspitzen,

mit wacher Lässigkeit getragen,

Bordüren schmückten es mit Glanz.

 

Im Lauf der Zeit wurd’ hier und da

die eine oder and’re Kleinigkeit geändert,

doch das Gesamtbild blieb erhalten,

bewundernd angeschaut von Vielen.

 

Es mag dir manches Mal

etwas zu eng geworden sein,

der Faltenwurf zu streng –

doch du warst so daran gewöhnt,

fast schon damit verwachsen.

 

Doch dann begann der Saum zu fransen,

die Kragenfarben auszubleichen.

Schlaff hängt es an dir,

die Stärke ist daraus entwichen,

Bordüren etwas eingerissen.

 

Warum bist du bei dem Gewand geblieben?

Es wäre doch noch Zeit gewesen,

sich in ein neues Kleid hineinzufühlen.

Es kostet wenig – nur ein bisschen Mut,

ein kleines Maß an Überwindung.

 

Dein Kostüm ist nun zerschlissen.

Ich will nicht, muss aber bald glauben,

dass du es ablegst,

ohne neu dich einzukleiden.

 

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