Untertanen-Geist

 

Von den Deutschen heißt es meist:

Sie sind voll Untertanen-Geist;

eilfertig und ganz ohne Not

befolgen sie Ge- und Verbot.

 

Aus strikt Gehorsam sie besteht –

weshalb diese Mentalität?

Woher sie kommt, weshalb und wie,

ich hab da eine Theorie.

 

Damals der 30jähr’ge Krieg,

der endete mit einem Sieg,

besiegelt im Westfäl’schen Frieden –

den Deutschen ward kein Freud beschieden.

 

Mehr als 200 Fürstentümer,

große, kleine, wie auch immer,

zum Zweck, das Land ganz aufzuspalten,

gar nichts mehr blieb hier beim Alten.

 

Es gab kein einig Vaterland,

das war noch völlig unbekannt;

nicht so wie in den Nachbarländern,

das sollte sich noch lang nicht ändern.

 

Überall gab’s Residenzen,

kleinste Länder, lange Grenzen;

der Fürst mit eigner Polizei,

kein Untertan fühlt’ sich mehr frei.

 

Der Fürst sagt: Warte nur, ich sehe,

dich immerzu aus nächster Nähe.

Du willst Gesetze nicht beachten?

Ich kann dir nach der Freiheit trachten!

 

 

So war’s der Bürger bald gewohnt,

dass sich nur Wohlverhalten lohnt –

niemand recht großzügig denkt,

der aufs „Bravsein“ ist beschränkt..

 

Dies Szenario war der Fall

für alle Deutschen überall.

Der kleinste Staat hat überwacht,

zensiert, bestraft, die Macht bewacht.

 

Dies ging so eine lange Zeit,

und irgendwann war’s dann soweit:

braves Verhalten eingeübt –

das macht uns Deutsche nicht beliebt.

 

Zweihundert Jahre, klein, beengt,

in Überwachung eingezwängt,

sich ewiglich der Herrschaft beugen,

kann keinen freien Geist erzeugen.

 

 

Dies also ist die Theorie,

beweisen kann ich sie wohl nie.