Lecker Essen auf einem Indio-Markt in Ecuador
Lecker Essen auf einem Indio-Markt in Ecuador

Auf Reisen essen

 

Alle Menschen müssen essen, und fast alle tun es gern.

Sehr viele Menschen reisen, und fast alle tun es gern.

Es wäre allerdings falsch, daraus zu folgern, dass alle Reisende auch gerne das essen, was an ihrem Reiseziel üblicherweise angeboten wird.

 

Da fällt mir sofort der plattdeutsche Ratsherr aus meiner kleinen Stadt ein, der zusammen mit einer Delegation nach Südfrankreich fuhr, wo er u.a. zu einem Galadiner eingeladen worden war. Er muss entsetzliche Dinge über Froschschenkel und so gehört haben. Deshalb ging er vor dem feierlichen Auftakt des Essens noch mal schnell auf sein Hotelzimmer, um sich dort vorsorglich am mitgebrachten Schinken und der guten Mettwurst zu laben – er wollte ja schließlich nicht hungern.

 

Oder die Jungakademiker ( angehende Historiker ) die auf eine einwöchige Exkursion nach Nordspanien gehen sollten. Einige sagten ihre Teilnahme schon vor Reisebeginn ab. Es sei, so ihre Begründung, nicht gewährleistet, dass sie in den Genuss von regelmäßig drei Mahlzeiten am Tag kämen.

Diejenigen, die dann die Reise antraten, rotteten sich vor Ort zusammen, um gemeinsam bei Aldi España einkaufen zu gehen – da weiß man doch, was man hat.

 

Um gleich euren Argumenten entgegenzutreten: Natürlich sind das keine Reisende, wie du und ich sie verstehen. Die Reise war ein notwendiges Übel. Wahrscheinlich gehören sie zu der Kategorie von Urlaubern, die sich – egal wohin sie fahren – den Wagen mit heimischen Konserven vollpacken. Ist ja auch kostengünstiger.

Für uns geht die Neugier auf ein fremdes Land mit der auf fremdes Essen einher. Meistens jedenfalls.

Ich habe lange in Chile gelebt und ausgedehnte Reisen durch Argentinien, Bolivien, Peru und Ecuador gemacht. Für denjenigen, für den alles, was die Küche jenseits von gebratenem Kotelett mit Blumenkohl zu bieten hat, die pure Exotik ist, eine unglaubliche Herausforderung.

Natürlich nicht für mich, nein, nein, obwohl ich sagen muss, dass ich durchaus an meine Grenzen gestoßen bin. Seeigel zum Beispiel. Die habe ich sehr wohl gegessen, aber nur, wenn die kleinen Seeigelzungen in großzügigen Portionen Rührei verschwanden. Es ist nämlich das pure Jod. Sah ich meinem Kollegen Ernst August zu, wenn er mit Genuss nicht nur die Zungen roh schlürfte, sondern auch noch den lebenden käferartigen Parasiten in der Mitte – der anzeigt, dass der Seeigel frisch und von daher verzehrbar ist – mit Ausdrücken des Entzückens schluckte... Danke, nein.

Misstrauisch wurde ich auch, als uns ein deutsch-chilenischer Freund mit unschuldiger Miene ein Gericht kredenzte, das hauptsächlich aus zwei ovalen, weißlichen Fleischstücken bestand. Es war doch die hohe Zeit der Kastration von Jungbullen.... Genau. Danke, nein.

 

Wenn wir innerhalb Südamerikas auf Reisen gingen – und zwar meist mit unserem Campingbus plus integrierter Küche – waren wir schon vorsichtig. Zwar haben wir nie, wie viele andere, jedes Salatblatt durch eine Desinfektionslösung gezogen, sondern uns anfangs einmal das kräftig zugezogen, was man allgemein als „Montezumas Rache“ versteht, und dann war es gut gewesen. Unterwegs habe ich dann trotzdem lieber selber gekocht. Es wäre sicherlich unbedenklich gewesen, das auf den Indiomärkten angebotene Essen zu probieren, kochte es doch stundenlang keimtötend vor sich hin. Aber ein Blick in die Töpfe...nein, danke.

So habe ich mich in Ecuador vorzugsweise von Bananen ernährt, den kleinen, roh genießbaren. Die meisten Bananensorten werden dort gebraten oder gekocht. Es hat dann Jahre gebraucht, ehe ich diese Frucht wieder angerührt habe.

 

Da war Argentinien doch eine ganz andere Nummer!

Wer kennt nicht die argentinischen Steakhouses in Deutschland? Nun, die kann man vergessen.

Rindfleisch in Argentinien ist etwas, was man probiert haben muss. Das Steak von einem Rind, welches das ganze Jahr draußen weidet – wunderbar. Gutes Fleisch, so heißt es in Chile und Argentinien, braucht noch nicht einmal Salz zum Würzen.

Trotzdem wollte ich mich meinem ersten authentischen argentinischen Steak mit Vorsicht nähern und bestellte in einem Restaurant in Bariloche ein „Baby Beef“. Ich hatte allerdings die Mengenangabe auf der Speisekarte übersehen : 750 Gramm. Als es serviert wurde, lappte es gewissermaßen über den Tellerrand. Ich habe vielleicht gut die Hälfte geschafft, aber der Geschmack war unvergleichlich. Dazu gab es Salat, weil es irgendwie zu Fleisch noch etwas dazugeben muss, aber es hatte einen gewissen Alibi-Charakter. Fleisch ist das einzige, was richtig zählt in Argentinien.

 

Nun bin ich mit meiner Aufzählung in Südamerika hängengeblieben, und es gäbe noch so viel vom Essen in anderen Ländern zu berichten. Im Grunde braucht man nicht weit zu fahren. Wer wie ich als Norddeutsche in einem kleinen Gasthof im tiefsten Schwabenland Flädle-Suppe und Käsespätzle gegessen hat, wird das auch sein Leben lang nicht vergessen. Oder die verschiedenen Sorten von Austern in Frankreich und die dänische Leberpastete, die noch großzügig mit Sahne angereichert wird...

Nun, ich bin gerne gewillt, so lange fremdartiges Essen auf Reisen zu kosten, bis ich auf Essen auf Rädern angewiesen bin.


Das ist mein Beitrag zur (Blog-)Parade Essen auf Reisen.


 

Kleiner Nachtrag

Die hier gezeigten Fotos - Scans von uralten und  blaustichigen Dias - stammen alle von einem Indio-Markt in Ecuador.

Man mag erahnen, dass ich dann die Banane als bevorzugtes Nahrungsmittel zu mir genommen habe.