Inconnus Caisses


Ein euch allen bekanntes Szenario:

Ihr rückt langsam mit eurem Einkaufswagen im Supermarkt an das Fließband der Kasse heran. Hinter euch wartet schon mehr oder minder geduldig eine ziemlich lange Schlange von Kunden, die stumm beten, dass sie nicht ausgerechnet die Kasse erwischt haben, bei der die flotte Abarbeitung aus irgendwelchen Gründen ins Stocken gerät und sie dann eine gefühlte Ewigkeit warten müssen, während - natürlich! - die Leute an der Nachbarkasse zügig passieren können.

Und dann naht das Unheil: Die Kassiererin hebt den Kopf und ruft „Frau Meyer, kannst du mal nachsehen, wie viel der Salat kostet“ oder wahlweise „Die Kasse nimmt den Code nicht an“ oder „Die Kundin sagt, dass der Korkenzieher nur 2,99 €kostet und nicht 3,99 €. Soll da auf einem Schild stehen!“

Ein kollektives, stummes Aufstöhnen geht durch die Schlange. Und dann dauert es! Weil entweder Frau Meyer sonstwo und damit nicht verfügbar ist, oder weil die Kundin darauf besteht, nur 2,99 € für den Korkenzieher zu zahlen und nicht 3,99 €, oder weil der Salat tatsächlich nicht ausgezeichnet gewesen war...

Die Wartenden reagieren unterschiedlich. Die am Ende der Schlange Stehenden überlegen fieberhaft, ob es sich lohnt, die bereits auf das Band gelegten Waren wieder in den Korb zu packen und zur Nachbarkasse zu eilen, in der Hoffnung, dass ihnen niemand zuvorkommt – aber natürlich steht schon jemand hinter ihnen und versperrt den Fluchtweg. Die Kundin, die im Vergleich zu den anderen nur wenig Ware in ihrem Korb hat, nutzt die Gelegenheit und fragt, ob man sie vorlassen könne. Ach ja, Männer fragen so etwas nie; jedenfalls habe ich das noch nicht bewusst mitgekriegt. Das Gros der Wartenden ergibt sich mit stumpfem Blick in ihr Schicksal.

Irgendwann hat Frau Meyer den Preis des Salates herausgefunden, die Diskussion um den Korkenzieher hat ein für alle Parteien befriedigendes Ergebnis erreicht und die Kasse nimmt den eingetippten Code an.

So oder ähnlich spielt es sich in meinem heimischen Supermarkt ab, der allerdings meist nur vier bis fünf Kassen geöffnet hält.


Vor gut zwei Monaten war ich in einem französischen Supermarkt – was sage ich, einem Auchan-Hypermarché mit hierzulande unvorstellbaren Ausmaßen.

88 Kassen!! Und fast alle besetzt.

Wir hatten uns mit all den herrlichen Sachen eingedeckt, die uns in den Urlaubswochen so gut geschmeckt hatten, unter anderem auch ein gerüttelt Sortiment an Käse.

Nun rückten wir mit unserem gut gefüllten Einkaufswagen an das Fließband der Kasse heran...s.o.

Und dann geschah es: an einem Stück abgepackten Käses fehlte der Preis und auch der Code. Was tun?

Mir war schon klar, dass es hier kaum die französische Entsprechung von Frau Meyer geben würde, es sei denn, sie würde mit Rollschuhen die bestimmt 100 Meter bis zu den Käsebergen sausen...

Wahrscheinlich würden wir ohne diesen Käse auskommen müssen.


Aber ich hatte die Rechnung ohne die französische Mentalität gemacht, die sich offenbar auch auf Hypermarché-Kassen erstreckt.

Die Kassiererin fragte uns, ob wir uns an den Preis erinnern konnten. Aber sicher doch. Sie nickte mit dem Kopf, warf einen schrägen Blick auf das Stück fromage und tippte den von uns genannten Preis ein.

Wir bezahlten den Einkauf und schon waren wir durch.

Ich griff mir den Kassenbon und suchte den Käse. Stand der gar nicht mit drauf?

Doch, ganz unten, unter der bereits ermittelten Summe!

INCONNUS CAISSES - 3,40


Den Kassen unbekannt...

Wundervoll.

Warum kann man dies hier nicht auch einführen? Einfach eine bestimmte Summe für die den Kassen unbekannte Waren bereitstellen und somit die zügige Abwicklung am Bezahl-Terminal gewährleisten. Das den Märkten dadurch eventuell entgehende Geld kann man ja an anderer Stelle draufschlagen; wetten, dass die das könnten?


Aber das bleibt wahrscheinlich der Traum einer schlichten deutschen Supermarktkundin.



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