DHL – Paketzustelldienst oder Non-Paketzustelldienst, das ist hier die Frage.

 

Beantwortet hat sie der zornige Kolumnist der „WELT“ in einer langen Frustbewältigungs-Abhandlung mit einem klaren „Nein“.

Neun von zehn Sendungen an ihn seien nicht zugestellt worden. Die Begründungen kennen wir alle: Empfänger nicht da; angegebene Adresse ist unbekannt etc. Oder es habe auf dem Zettel im Briefkasten geheißen „Paket ist beim Bäcker“. Dazu vermerkt der Autor, dass es in seinem engsten Umkreis vier Bäckereien gebe.

Die DHL sei eindeutig ein Erziehungsinstrument für den bis dato noch hoffnunsgfrohen Empfänger eines Paketes in spe. Welche endlosen Demütigungen erwarten ihn, wenn er sich fatalerweise dazu entschließt, mit der Beschwerdestelle Kontakt aufzunehmen.Man zwinge ihn, 21stellige Kennziffern aufzusagen, um dann ein „Tut uns aufrichtig leid...“ zu hören.

Wenn man seinem Ärger in den social media freien Lauf lässt, kriegt man es hier noch zusätzlich von allen Seiten . Die armen Schweine, heißt es da, die werden so unterirdisch schlecht bezahlt, und überhaupt habe der Online-Handel sprunghaft zugenommen, und das alles könnten die Zusteller doch gar nicht schaffen...


Und spätestens hier muss ich einhaken und dem Kollegen von der WELT rückhaltlose Zustimmung geben.

Seit Jahren schon unterlasse ich es, in der Vorweihnachtszeit Nikolauspäckchen an die lieben Kinder in Hamburg zu schicken. No way. Wenn ich Glück habe, kommen sie etwa drei Wochen später wieder zu mir zurück mit dem Vermerk, dass die angegebene Adresse nicht existiere. Wenn ich kein Glück habe, dann entschwinden sie auf Nimmerwiedersehen in dem anscheinend extra für sie geschaffenen DHL-Orbit. Andere mögen ja von Weltraum-Schrott sprechen. Ich nicht.

Was den o.a. Erziehungsfaktor anbelangt, so kann ich nur sagen: ich habe gelernt. Mein Lebensgefährte muss da noch etwas aufholen. Aber spätestens seitdem er im vergangenen Advent ein Päckchen für seine Tochter an eine Packstation in Bonn schickte, weiß er es genau: Lege niemals, wirklich niemals so etwas wie Mandarinen bei.

Wieso, höre ich euch, Packstation ist doch gut? Im Prinzip ja. Was aber nun, wenn eben diese Station überfüllt ist und die DHL-Mitarbeiter vor Ort das Päckchen an eine andere Packstation weiterleiten – allerdings ohne die Empfängerin darüber zu informieren? Dann kommt es eben nach Wochen zurück mit dem Vermerk „unzustellbar“, und du stehst da und entsorgst mit gerümpfter Nase und spitzen Fingern das, was einmal aromatisches Obst war.


Entgegen jeden besseren Wissens tat ich es dann doch: Ich sandte am 12. Dezember ein Paket an meine Freundin in NRW. Ich hätte es lieber sein lassen sollen. Wie konnte ich nur annehmen, dass der DHL bekannt sein würde, dass zu Weihnachten viele Pakete verschickt werden?

In Zeiten der Verfolgung des Sendeverlaufs konnte ich das Debakel von Anfang bis Ende miterleben: Sechs Wochen in „Bearbeitung“. Großartig. Wer sich so etwas ausgedacht hat, muss in Chile aufgewachsen sein. Für alles, was dort nun überhaupt nicht klappte, hieß es „está en trámite“. In Bearbeitung.

Ich muss gestehen, dass es nicht einer gewissen Spannung entbehrte, wenn man am Morgen den PC hochfuhr und auf „Sendeverlauf“ ging. Oh ha. Zum Zielort gebracht. Nein, doch nicht. Paket umetikettiert. (Hä?) Wieder zurück nach Bremen. Lange Denkpause. Kann nicht zugestellt werden – falsche Adresse.

In der Zwischenzeit hatten wir die Reklamationsstelle eingeschaltet. „Tut uns aufrichtig leid...(s.o.)“ Dann bekamen wir ein völlig absurdes Formular, in dem haarklein aufgelistet werden sollte, was denn nun in dem Paket sei. Mit Nachweis der Quittungen für das versandte Geschenk, versteht sich.

Nach sechs Wochen der „Bearbeitung“ und des Hin- und Herwanderns von A nach B wurde das Paket der Freundin zugestellt. Der Inhalt war zertrümmert, der beigelegte Weihnachtsbrief aufgerissen, schmierige Fingerabdrücke auf dem vormals verglasten Bild.

Was wollen Sie eigentlich,“ hieß es kalt, „wenn etwas kaputt geht, dann liegt es an Ihrer unzureichenden Verpackung.“ Selbst an Schuld, wie der Emsländer gerne sagt. Also, ich möchte mal wissen, ob etwas nicht kaputt geht, wenn es anderthalb Monate lang ständig hin und her transportiert, umher geworfen, drauf rumgetrampelt wird.

Weitere Erklärungen gab es nicht - auch die Frage nach dem aufgerissenen Brief blieb unbeantwortet – und jegliche Verantwortung wurde zurück gewiesen.


In der Zwischenzeit wurden auch Päckchen an uns gesandt. Wir wohnen zu ebener Erde und sind meist zu Hause.

Da erwischen wir doch einen Zusteller, der den Zettel mit dem bekannten Vermerk in unseren Briefkasten einwirft. Warum er denn nicht geklingelt habe? Die Klingel würde nicht funktionieren. Wir bewiesen ihm umgehend das Gegenteil. Sein Gesicht bekam den verstockten Ausdruck eines 5jährigen, dem Mami auf dem Spielplatz erklärt, dass er nicht das Backförmchen seiner Spielkameraden im Sandkasten kaputt machen darf.

Dann der Zusteller mit der „Leck mich“-Attitüde und dem beleidigten Gesichtsausdruck. „Ist mir doch scheißegal, wann was ankommt oder nicht.“


Ach, ihr langweilt euch? Kennt ihr schon alles??

Aber das nicht.

Meine älteste Tochter, seinerzeit in Kiel in der 1. Etage wohnend, trifft auf den Zusteller, der eben den bekannten Zettel in ihren Briefkasten wirft.

Warum haben Sie denn nicht geklingelt?“

Öööh...Sie hätten ja eventuell nicht da sein können.“

Meiner Tochter, sehr beweglichen Geistes und auch ausgesprochen eloquent, fiel daraufhin gar nichts mehr ein.


Am letzten Donnerstag habe ich mich gerüstet und gegürtet und es noch einmal gewagt. Ich habe ein Päckchen mit der DHL versandt. Und, was geschah? Am nächsten Morgen wurde es in NRW ausgeliefert.

Ja, was soll das denn nun wieder!?


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