Der Weihnachtsmann und die Konferenz

 

Es war Heiligabend und ich freute mich so sehr auf die Gaben und auf meinen Großvater, der zu Besuch kommen wollte. Die Gaben würden äußerst bescheiden ausfallen – aber davon wusste ich nichts; Anfang der 50er Jahre war das normal.

Meine Eltern, Großeltern, meine Schwester und ich aßen den traditionellen Kartoffelsalat mit Würstchen.

Erst der Abwasch und dann… dann würde bald der Weihnachtsmann kommen!

Und gerade eben da sagte mein Großvater: „Tja, also ich muss jetzt leider los, ich habe noch eine Konferenz.“ Das Wort und seine Bedeutung kannte ich; Opa war Dorfschullehrer und musste häufiger zu Konferenzen.

Meine Enttäuschung war riesig. Aber ich hatte schon gelernt, dass die Belange der Erwachsenen viel wichtiger waren als die der Kinder. Opa verschwand.

Kaum war er weg, da kam der Weihnachtsmann. Während ich mein Gedicht aufsagte dachte ich die ganze Zeit daran, ob ich den kleinen aufziehbaren Bären bekommen würde, der auf einem noch kleineren Fahrrad saß und in der Runde herum fahren konnte. Ich hatte ihn mir so oft im Schaufenster von Kaufmann Heinrich angeschaut.

Ohh, da war er! Und noch eine Puppe – Puppe „Gerda“ - und einen kleinen roten Kinderbesen! Meine Freude kannte kaum Grenzen.

Der Weihnachtsmann hatte die Geschenke verteilt und ging; er musste ja noch zu so vielen Kindern!

Kurz danach kam mein Großvater wieder – die Konferenz sei doch noch abgesagt worden.

Opa,“ rief ich, „wie schade, dass du den Weihnachtsmann verpasst hast! Guck mal, was er mir gebracht hat! Und er war ganz lieb zu mir und hat genau die gleiche Stimme gehabt wie du…“

 

Ich bin erst ziemlich viel später drauf gekommen.

 

Im weihnachtlichen Garten
Im weihnachtlichen Garten