Das Emsland und die Eleganz der Sprache

 

Wie ihr wisst (oder auch nicht) bin ich Sprachlerin und gehe mit offenen Ohren durch die Welt, wobei mich die Vielfalt der Dialekte und Ausdrucksmöglichkeiten des Deutschen schon häufig in freudiges Erstaunen versetzt haben. Mir war aber nicht bewusst gewesen, welche Perlen meines mütterlichen Idioms sich in meiner norddeutschen Heimat verbergen, bis ich vor gut 20 Jahren ins Emsland zog.
Natürlich hatte ich theoretisch gewusst, dass es von sprachlicher Eleganz zeugt, wenn man sich in einer Sprache knapp ausdrücken kann - im Englischen geht das sehr gut. Was ich nicht ahnte, war die Tatsache, dass ich hier im Emsland in dieser Hinsicht fündig werden würde.
Kleines Beispiel: In einer Apotheke häuft der Apotheker Medikamente vor einer jungen Frau auf, die diese für ihre Mutter abholt. Sie bekommt dazu reichhaltige Informationen:"...die gelben Pillen dreimal am Tag vor dem Essen, von den weißen eine halbe vorm Schlafengehen, die braunen Kapseln unbedingt mit viel Flüssigkeit einnehmen..."etc. Die Miene der jungen Frau wird immer skeptischer. Als der Apotheker mit seinen Ausführungen fertig ist, holt sie tief Luft und fragt:" Muss das?" Und er antwortet: "Das muss!

 

Später erfuhr ich dann auch, dass man in entsprechenden Situationen auch gerne "Kann das?"

fragt, wenn man wissen möchte, ob es etwas möglich sei. Ich sage euch, das kann!

 

Neulich trug ich Einladungen für eine Ausstellung aus. Ich fragte auch im Rathaus nach, ob ich sie dort auslegen könne. „Sind die aber schön,“ sagte die freundliche Bedienstete, „ ich muss bloß erst fragen, ob das darf.“ Das durfte.

Also befindet sich das Zentrum der sprachlichen Eleganz - wer hätte es jemals für möglich gehalten - im Emsland.

So, ich würde ja gerne noch über weitere sprachliche Raffinessen des Emsländischen berichten, habe aber einen Termin einzuhalten. Das muss!