Der gute Ton

 

Rudi Evers ist Malermeister und der Inhaber mehrerer Tapeten-, Gardinen- und Teppichmärkte. Er liebt seinen Beruf.

Ursprünglich wäre er liebend gern Rundfunkmechaniker geworden – wenn es denn seinerzeit einen Ausbildungsplatz dafür gegeben hätte.

Seine Liebe zu allem, was Töne hervorbringt, hat er sich aber bewahrt, und sie findet ihren Ausdruck in seinem privaten Radiomuseum.

Wer dieses Museum gefunden hat – und es ist tatsächlich sehr privat – steht staunend mittendrin.

In den letzten 45 Jahren hat er 3000 Exponate gesammelt, die nun auf 250 qm Größe dicht gedrängt zusammenstehen. Eine Garage habe er immer gehabt, erzählt er, aber sein Auto habe nie darin gestanden. Den Platz benötigten all die Rari- und Kuriositäten, die er zusammengetragen hat.

Phonographen, so lerne ich, unterscheiden sich von Grammophonen dadurch, dass die Nadel eine Walze abtastet und noch keine Schallplatte kennt.

Wer hat's erfunden? Thomas A. Edison? Mitnichten! Ein Deutscher namens Emil Berliner konnte sich mit seiner Erfindung nicht durchsetzen, musste aufgeben und verkaufte Edison seine Erfindung – auch das Bild von dem weltberühmten, vor dem Trichter sitzenden Hund.

In Evers Museum reihen sich die Grammophone mit ihren riesigen Trichtern. Dazwischen finden sich immer wieder Absonderlichkeiten, wie z.B. die auf der Schallplatte aufgesetzte Puppe, die sich zur Musik dreht, und die seinerzeit alle ihre Liebhaber fanden, wie auch das Grammophon, das sich in einer klassischen Stehlampe findet.

Mit berechtigtem Stolz sagt Evers, dass 80 % seiner alten und uralten Geräte funktionsfähig sind, und tatsächlich begleiten die blechernen Stimmen von damals unseren Rundgang.

Einen besonders großen Teil seiner Sammlung bilden Radios, deren Design mein besonderes Entzücken finden. Jugendstilmuster verzieren häufig die Lautsprecher, die, anfänglich getrennt vom eigentlichen Gerät, meist irgendwo auf einem oberen Regal standen.

Vom Volksempfänger über ganze Batterien von Kofferradios bis hin zur Musikbox – alles ist da.

Ich finde dort das kleine Radio wieder, das zuhause bei uns in der Küche stand, genauso wie die Musiktruhe, in deren aufklappbarem Deckel ein Plattenspieler verborgen war.

Ein Lächeln entlockt die Radiokultur der 50er Jahre. Da stehen Coladosen und Automodelle – alle sind Radios.

An den Wänden hängen Werbetafel, meist aus Email, und auch ein „Swing tanzen verboten“ - Schild ist vertreten. Zum Schluß – wenn man das Wort benutzen darf, weil ich doch nur über einen Bruchteil dessen berichtet habe, was dort zu sehen und besonders zu hören ist, sehe ich eine der ersten Ausgaben einer auch heute noch bekannten Hörfunk- und Fernsehzeitschrift aus dem Jahr 1953. Daran kann ich mich noch erinnern.

Gut zwei Stunden hat unser Ausflug in die Welt der Phonograph-,Grammophon- und Radiomusikgeschichte gedauert.

Da tut sich eine weitere Tür auf.

Dahinter findet sich Rudi Evers Malermuseum – dicke Bücher mit handgemalten Tapetenentwürfen von 1885...

Aber das ist eine andere Geschichte.