Weihnachten a la chilena

Völlig neue Erfahrungen mit dem Fest der Feste in einem fernen Land

 

Weihnachten ist für alle da – und so wird selbstverständlich auch in Chile dem Fest entgegen gefiebert: im Radio und in den Geschäften laufen die Endlosbänder mit Weihnachtsliedern, die Weihnachtsbeleuchtung brennt in den Straßen, Weihnachtsdeko allüberall, die Leute hetzen bepackt mit Paketen durch den Feierabendverkehr, die Kinder sind voller aufgeregter Vorfreude. Genauso wie bei uns.

Genauso wie bei uns? Mitnichten!

Erst einmal bedeutet „Dezember“ an diesem Ende der Erde „Sommer“. Und zwar „Hochsommer“. So verpufft schon einmal die Wirkung strahlenden Lichterglanzes in den Straßen, wenn die Sonne erst so gegen 22 Uhr untergeht. Da will sich einfach nicht das aus der deutschen Heimat gewohnte Gefühl einstellen.

Gewöhnungsbedürftig ist auch die Tatsache, dass Weihnachten – Navidad – eher auf nordamerikanische Art gefeiert wird, will heißen, am 24. Dezember ist Party, dann geht man zur Mitternachtsmesse, und am 25. morgens finden die Kinder dann ihre Geschenke in Strümpfen am oder unterm Weihnachtsbaum. Einen zweiten Weihnachtstag gibt es nicht. Und wer hätte im guten alten Europa schon einen Heiligen Abend erlebt, an dem man morgens noch Kirschen einmacht und die Kinder an den Strand schickt, um ungestört Zeit für die Vorbereitungen zu haben…?

Denn eines war klar: wir wollten den Kindern einen „deutschen“ Heiligen Abend bescheren.

Ein chilenischer Freund besorgte das, was man bei äußerst wohlwollender Betrachtung „Nadelbaum“ nennen konnte, der dann von mir mit aus Deutschland mitgebrachten Kerzen, Kugeln, Strohsternen usw. geschmückt wurde. Da stand er nun im gleißenden Sonnenlicht. Ich schloss das Wohnzimmer ab und begab mich in die Küche, um im Schweiße meines Angesichtes das Festessen zu richten. Mein Mann hatte sich auch etwas einfallen lassen, um die Illusion deutscher Weihnacht aufrecht zu erhalten. Er kostümierte sich als Weihnachtsmann, Bart und Mütze inklusive. Als „Beweis“ dafür, dass er vom Nordpol kam, hatte er sich Eiswürfel aus dem Gefrierschrank in die Gummistiefel gesteckt, um sie den staunenden Kindern vorzuweisen.

Das Fest begann, das Wohnzimmer wurde aufgeschlossen.

Tja, und da hatte uns dann die chilenische Realität eingeholt: die über 30 Grad Außentemperatur waren zuviel für die Kerzen gewesen… Sie hingen alle kopfüber aus ihren Halterungen heraus.

In den Jahren darauf haben wir denn auch auf manches scheinbar unbedingt dazugehörige Brauchtum verzichtet.

Weihnachtsbaum? Auch Christbaumkugeln, die an Gardinen festgesteckt sind, können für weihnachtliche Atmosphäre sorgen…